ERLEBNISWEG

 

Schloß Fechenbach mit Ökonomietrakt

Das Schloss mit den angegliederten Ökonomiegebäuden ist zweifellos die dominante Baulichkeit im Collenberger Ortsteil Fechenbach. Während die Bauten des Ökonomietraktes in Sandstein-Sichtmauerwerk geplant und ausgeführt wurden, hatte man für die Sandstein-Außenwände des Schlosses Verputz vorgesehen. Dazu kam es durch eine finanzielle Notlage nicht mehr, sodass das Objekt über 250 Jahre die unfertige Sandsteinfassade zeigte. Nach der 2006 abgeschlossenen Sanierung hingegen, erscheint der Sandstein wie ursprünglich geplant noch in Einfassungen und Zierelementen. Schloss und Ökonomietrakt, obwohl historisch zugehörig, haben verschiedene Eigentümer.

1. Geschichte des Schlosses und seiner Besitzer

1750 beauftragte Wilhelm Damian von Reigersberg, Leutnant der Militärlegion von Hutten des Würzburger Fürstbischofs und Nachfahre des Mainzer Kanzlers Nikolaus Georg von Reigersberg, der vom Mainzer Kurfürsten die Burg Collenberg zum Lehn erhalten hatte, den Dom- und Hofbaumeister Michael Fischer mit Planung und Bau des Schlosses.

1754 beginnt der 16-jährige Franz von Reigersberg, nach dem frühen Tod des Bruders unter der Vormundschaft des Johann Phillipp Karl Anton von Fechenbach aus Laudenbach mit dem Bau des Schlosses.

Der Streit um die Rechtmäßigkeit des Lehens stürzt die Familie in finanzielle Not, sodass das fränkische Barockschloss mit seiner Rokokoausstattung unvollendet und auch die Fassade unverputzt blieb.

1842 kauft der Frankfurter Bankier Karl Ludwig Caesar Freiherr von Bethmann das unfertige Schloss und baut den linken Flügel im Erdgeschoss aus.

Sein Sohn Alexander veräußert nach 1918 Teile der zum Schloss gehörenden Gebäude und Grundbesitz an die Gemeinde Fechenbach.

1940 stirbt mit Karl Alexander Moritz von Bethmann der letzte seines Stammes in Fechenbach.

Seine in München lebende Schwester bietet danach das Schloss zum Kauf an.

1941 erwirbt der Großostheimer Fabrikant, Anton Wissler das Schloss mit allen Rechten und nutzt das linke Obergeschoss als Kriegswohnung.

1941 bis 1945 beschlagnahmt das NSDAP-Kreisamt das Schloss und nutzt es bis Kriegsende als Heim der Hitlerjugend und ab März 1944 zur Kinderlandverschickung.

1945 beschlagnahmt die US-Militärregierung Schloss und Grundstück und verpachtet die Anlage an den Aschaffenburger St.-Johanniszweigverein zur Unterbringung von Waisenkindern.

1954 scheiterten Übereignungsverhandlungen und auch Umbauplanungen mit dem Ziel der Anmietung blieben wegen der Brandschutzauflagen und der Holzdecken ohne Erfolg.

Danach blieb das Schloss ungenutzt und es entwickelte sich ein zähes Ringen zwischen Eigentümern, Baubehörde und Denkmalschutz über die Möglichkeiten der Sanierung und der Nutzung.

1997 – 2001 ebnet der vom Denkmalamt festgestellte Pilzbefall mit dem echten Hausschwamm den Weg für Verständigung unter den Beteiligten bezüglich einer kompletten Entkernung und Generalsanierung.

2004 – 2006 lässt der Eigentümer das Schloss bis auf Keller und Außenwände entkernen. Stützenfreie Decken, eine freitragende Stahl-Dachkonstruktion und neue Gaupen schaffen die Voraussetzungen für ein breites Nutzungsspektrum. Zudem erhielt das Schloss endlich den ihm ursprünglich zugedachten Fassadenputz.

2020 bis heute (Stand Juli 2020) wurden unter Einbeziehung des Schlossparks etliche Nutzungskonzepte entwickelt, ohne dass die Verhandlungen bislang zum Abschluss gebracht werden konnten.

 

schloss fechenbach01 g
Schloss Fechenbach. Foto: Gemeinde Collenberg

schloss fechenbach02 g
Kellergewölbe. Foto: Werner Wolf, Collenberg

schloss fechenbach03 gZugangsseite vor Entkernung und Sanierung. Quelle: Wideflex

schloss fechenbach04 gGartenseite nach erfolgter Generalsanierung. Werner Wolf, Collenberg

2. Ökonomietrakt

Fast mediterran mutet der nördlich dem Schloss vorgelagerte Ökonomietrakt an. Durch seine weit auskragenden und für die Gegend untypisch flachen Dächer erhielt er den Beinamen „Toskana-Hof“ und der zentral stehende Wohnturm reckt sich keck und schon fast konkurrierend zum Schloss gen Himmel.

Allerdings stellt die Gebäudegruppe den zweiten Bauabschnitt dar, denn in der Karte der Urvermessung von 1844 gruppieren sich die Nebengebäude noch deutlich näher zum Schloss. Die Karte von 1845 enthält schon die geplanten Umrisse der neuen Bebauung und 1847 ist der ganze jetzt noch existente Bestand erfasst.

Es ist anzunehmen, dass mit dem Erwerb des Schlosses durch Freiherr von Bethmann dieser unmittelbar den Ökonomiehof planen und bauen ließ. Dass der Bauherr hohen Wert nicht nur auf die Funktion, sondern auch auf die Außenwirkung legte, beweisen die axialsymetrische Ausrichtung der Baukörper und der Fassadengliederung, die durch den an der Straße zentral gelegenen Verwalterbau entstandene geschlossene Hofsituation mit Ein- und Ausfahrt, die sich zum Schloss hin öffnet , der die Gebäude um zwei Geschosse überragende Turm und das aufwändig und fast fugenlos ausgeführte Sichtmauerwerk. Übernommen hat von Bethmann aus dem ersten Bauabschnitt einzig die an der Westseite fast an das Schloss angrenzende Scheune, die erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts abgerissen wurde.

Heute sind drei der Gebäude in Privatbesitz als Wohnhäuser und das restliche Areal ist im Eigentum der Gemeinde Collenberg.

 

schloss fechenbach plan1 g1845 Bestand und Planung. Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung

schloss fechenbach plan2 g1847 realisiert. Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung

schloss luftbild gDas Schloss mit zugehörigem Park (gelb)  und der Ökonomietrakt (orange) haben verschiedene Eigentümer. Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung

schloss fechenbach oekonomiebereich01 gUnübliche Dachform, aufwändige Technik und sehr repräsentativ für einen Ökonomiebereich. Foto: Peter Mayer

 

logo buntsandstein erlebnisweg