GESCHICHTEN

 

GEWINNUNG

1. Abbaumethoden
In den Steinbrüchen der Region am Main wurden im 19. und 20. Jahrhundert verschiedene, vom Stein, den örtlichen Gegebenheiten und den zur Verfügung stehenden Werkzeugen und Mitteln abhängige Abbaumethoden angewendet.

In den Anfängen der Nutzung wurden primär die Sandsteine genutzt, die offen zu Tage lagen, oder bei der Arbeit „auftauchten“. So wurden beim Bau der Weinbergterrassenmauern sicher die Steine verwendet und zugerichtet, die reichlich an der Oberfläche lagen oder bei der Terrassierung freigegraben wurden. Der Begriff „steinreich“ kommt sicher nicht von ungefähr. Parallel wurden für größere Objekte die Felsen genutzt, welche durch die Erosion auf den Bergkuppen als Blockhalden freigelegt worden waren und bereits ihren Weg ins Tal angetreten hatten. Dabei oder danach wurde der Platten- und Felssandstein auf den Bergkuppen ausgebeutet, was sehr mühsam war, da man sich erst in die Tiefe arbeiten musste, um an die Felsbänke zu kommen. Zudem waren lange Weg zu den Abbaustellen für die Arbeiter und für den Transport zu überwinden.

Als der Bedarf für den Sandstein anstieg, begann man dann am Fuß der Prallhänge des Maintals die Schichten des Mittleren Buntsandsteins auszubeuten. Dies ist im Reistenhausener Bruch schon für das 16. Jahrhundert belegt, während im restlichen Maintal der Abbau meist erst mit der Hochblüte Ende des 19. Jahrhunderts einsetzte.

 

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Blockhalde oberhalb Miltenberg. Foto: Peter Mayer

felsenmeer miltenberg gBereits für 1612 ist der Reistenhausener Steinbruch dokumentiert. Quelle: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München.

1.1 Terrassenabbau
Der Steinabbau in Terrassenform wurde bereits zu Zeit der Römer angewendet. Heute ist diese Methode die einzig zulässige.

 

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Bruch Ebenheid. Foto: Helmut Fuchs

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Bruch Ebenheid. Quelle: Archiv Fa. Winterhelt

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Quelle: Archiv F. Hofmann, Freudenberg

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Quelle: Archiv F. Hofmann, Freudenberg

1.2 Sturzverfahren mit Unterhöhlung
Der Sturzabbau stellt das bis in die 50-er Jahre weitverbreitete Verfahren dar, bevor es wegen der Häufung schwerer Unfälle und Todesfälle verboten wurde. Für den Sturzabbau entwickelten sich zwei Untervarianten, die jeweils für sich angewendet, aber oft auch miteinander kombiniert wurden.

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Strossenabbau (Dorfprozelten). Quelle: Systemskizzen von Kreisheimatpfleger Weiß, Faulbach

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Abbau mit „Kavernen“ (Reistenhausen). Quelle: Systemskizzen von Kreisheimatpfleger Weiß, Faulbach

1.2.1 Sturzabbau mit Holzstützen
Beim Sturzverfahren mit Holzstützen wurde der Abbaubereich linear bis zur nächsten Kluft unterminiert und die Wand mit Holzpfosten gestützt. Diese Abstützungen wurden dann durch Sprengung (anfangs Schwarzpulver, später Dynamit) entfernt, sodass die Wand niederstürzte.

 

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Quelle: Archiv Fa. Winterhelt

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Quelle: HGV Dorfprozelten

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Begonnene Unterhöhlung im Bürgstadter Steinbruch. Foto: Peter Mayer

steinbruchSteinbruch Dorfprozelten. Quelle: HGV Dorfprozelten

1.2.2 Variante mit Kavernen und Felsstützen
Um große Kavernen (Höhlen) tief in den Berg treiben zu können, musste der Stein aus dicken Felsbändern bestehen. War dies gegeben, konnten die Kavernen mit Tiefen von bis zu 15 Metern bis zu einer Kluft im Berg vorangetrieben werden. Diese Kluft bildete die hintere Sturzkante.
Es wurden immer mehrere Kavernen nebeneinander in den Berg getrieben und dazwischen einige Meter breite Felsstützen stehen gelassen und später zum Einsturz weggesprengt.

 

Stollenabbau z.B. in Reistenhausen

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Abbau mit „Kavernen“ (Reistenhausen). Quelle: Systemskizzen von Kreisheimatpfleger Weiß, Faulbach

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Foto: Peter Mayer

Die gleiche Situation im System und in der Realität

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Abgestürzte Deckenplatte in der linken Kaverne.  Foto: Peter Mayer

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Felsbrücke über Kaverne. Foto: Peter Mayer

1.2.3 Kombination aus Strossen- und Kavernenabbau

 

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Bruch Dorfprozelten, Quelle: Archiv Fa. Winterhelt 

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Bruch Dorfprozelten, Quelle: Archiv Fa. Winterhelt 

2. Zerkleinerung – Werkzeuge

Schon im Steinbruch wurde das anfallende Gestein nach der späteren Verwendung vorsortiert. Die Felsblöcke wurden je nach Endbestimmung der Teile noch vor Ort aufgespalten. Dabei wurden z.B. große Tröge (für Säure, Wasser, Futter, Kraut etc.) im Steinbruch  fertig hergestellt, aus anfallenden kleineren Steinen wurden Mauersteine gefertigt.

 

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Steinbruch Dorfprozelten, Quelle: Archiv Fa. Zeller 

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Steinbruch Dorfprozelten, Quelle: Archiv Fa. Zeller

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Steinbruch Dorfprozelten, Quelle: Archiv Fa. Zeller

gewinnung kunst01 gQuelle: ´„Robert-Sterl-Haus“, Naundorf

gewinnung kunst02 gQuelle: ´„Robert-Sterl-Haus“, Naundorf

hilfsmittel70Quelle: Fachbuch „Das Steinhauer-Buch“ von 1896

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Quelle: Fachbuch „Das Steinhauer-Buch“ von 1896

3. Berufe im Steinbruch

RäumerSteinbrecherStösserSteinhauer

Mit Holzkarren, später Schubkarren mit Eisenrad.

Im Steinbruch, oft auch Geistig- oder Körperbehinderte mit wenig Verdienst.

Steinbrucharbeiten.

Selten auf dem Bruch, meist unten an der Bruchsohle.

Steine grob zurichten, Mauersteine usw.

Auftrennen von großen Steinen mit Keil, Schlegel, Spitzeisen und Fäustel.

Einfache Arbeiten – Gewände, Wassersteine, meist im Stundenlohn.

keine Profilarbeiten aber volles Werkzeugprogramm.

 

4. Frauen im Steinbruch

 Frauen und auch Kinder arbeiteten ebenfalls in den Steinbrüchen. Sei es, um die karge Witwenrente nach dem Tod des z.B. an der Staublunge oder durch Unfall verstorbenen Ehemanns aufzubessern oder einfach hinzuzuverdienen. In den meisten Fällen wurden die Frauen bei Abräumarbeiten eingesetzt. Sie beseitigten etwa den Abraum, d.h. die kleineren Steine, die beim Zurichten der Steinblöcke als Abfallmaterial entstanden. In sogenannten Schinkern, flachen, auf dem Kopf getragenen ovalen Weidenkörben, trug man den Schutt auf die Abraumflächen. Mit Schaufeln wurden die „lockeren“ Bodenschichten über den zukünftigen Abbaubereichen abgetragen.
Diese Arbeiten waren anstrengend und wurden schlecht bezahlt. Die Pflichten in Haushalt und Landwirtschaft mussten zudem weiterhin erfüllt werden.

frauen im steinbruch gQuelle: „Robert-Sterl-Haus“, Naundorf

5. Bewegung und Hilfsmittel

Vom Steinbruch wurden die abgebauten und teils schon vorbearbeiteten Steine mittels verschiedener Hilfsmittel und Fuhrwerke zum Werkplatz transportiert.

 

hilfsmittel90Quelle: Fachbuch „Das Steinhauer-Buch“ von 1896

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Der "Derrick-Kran" war am Bruch für die Bewegung der "großen Brocken" zuständig. Quelle: Archiv Fa. Winterhelt

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Transport Winde und Lore, Bruch Pius Arnold in Dorfprozelten. Quelle: Peter M.A. Arnold

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Transport mit Lore, Steinbruch Clemens Söller. Quelle: Archiv F. Hofmann, Freudenberg

wh dietenhan blockRollhölzer und Kettenzug Steinbruch Dietenhan. Quelle: Archiv Fa. Winterhelt

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„Schleife“ Fa. Clemens Söller, Freudenberg. Foto: Peter Mayer

ERLEBNISWEG

Der Erlebnisweg entlang des Mains zwischen Spessart und Odenwald führt von Miltenberg über Bürgstadt, Collenberg, Dorfprozelten. Stadtprozelten bis nach Faulbach. Die landschaftsprägenden Steinbrüche machen, ebenso wie die Bau- Kunst- und Kulturdenkmäler in den Mainorten die Bedeutung des Sandsteins zum Erlebnis. Informationstafeln illustrieren und erläutern die von der Geologie über Abbau, Bearbeitung, Transport bis zu dem daraus Geschaffenen sich spannenden Themenfelder und erweitern durch den Wissenstransfer das Projekt des „Grünen Klassenzimmers“.

 

logo buntsandstein erlebnisweg